Aufhebungsvertrag

Überblick

Aufhebungsvertrag

Aufhebungsverträge sind bei Arbeitgebern sehr beliebt, enthalten für Arbeitnehmer aber sehr viele Probleme. Hier können Sie lesen, ob auch Abfindungen Teil von Aufhebungsverträgen sein müssen, wie sie sich von Abwicklungsverträgen und einer Kündigung unterscheiden und warum es erforderlich ist, immer einen Rechtsanwalt bzw. einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu Rate zu ziehen, bevor sie unterschreiben.

 

Was ist ein Aufhebungsvertrag?

Arbeitsverhältnisse können nicht nur durch Kündigung, sondern auch durch Abschluss von Aufhebungsverträgen beendet werden. Sie unterscheiden sich rechtlich von Abwicklungsverträgen und Kündigungen, können die Zahlung von Abfindungen enthalten oder auch nicht.

Der Aufhebungsvertrag kommt in der Praxis sehr häufig vor, da ohne Streit eine schnelle Lösung gefunden wird. Die Kündigung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Liegen die Voraussetzungen vor, kann der Arbeitgeber einseitig wirksam kündigen. Ein Aufhebungsvertrag dagegen ist ein Vertrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Einvernehmen (gemeinsam) abschließen. Im Unterschied zur Kündigung gilt hier deshalb das klassische Vertragsrecht unter Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten.

Für Arbeitgeber haben Aufhebungsverträge den großen Vorteil, dass sie schnell Rechtssicherheit erlangen und weiter planen können. Sie müssen in diesem Fall den Betriebsrat nicht anhören und können das Risiko einer unwirksamen Kündigung, als auch die der Kündigungsfristen, umgehen. Der Arbeitgeber kann sogar mit Arbeitnehmern, die ansonsten einen besonderen Kündigungsschutz genießen, einen Aufhebungsvertrag abschließen. Hierzu gehören Arbeitnehmer/-innen im Mutterschutz oder in Elternzeit, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder etc.

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann für Arbeitnehmer mit erheblichen Nachteilen verbunden sein, wenn er nicht die richtigen Inhalte hat. Deshalb sollten Arbeitnehmer niemals ohne Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht einen Aufhebungsvertrag abschließen. Vor allem wegen des anschließenden Bezugs von Arbeitslosengeld I können erhebliche Nachteile entstehen. Von einer fehlenden Vereinbarung über Abfindungszahlung ganz zu schweigen.

 

Was beinhalten Aufhebungsverträge?

Grundsätzlich werden in Aufhebungsverträgen alle Regelungen getroffen, die mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses einhergehen. Hierzu gehören insbesondere,

  • Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
  • Zahlung einer Abfindung
  • mögliche Freistellungen und Verrechnungen
  • Umgang mit möglichen Überstunden
  • Regelung über restliche Urlaubsansprüche
  • wie soll das Zeugnis formuliert sein
  • nachvertragliche Wettbewerbsverbote
  • Rückführung von möglichen Darlehen
  • Herausgabe von Arbeitsmitteln
  • Sprinter-Klauseln oder Turbo-Klauseln
  • Schicksal der betrieblichen Altersvorsorge
  • Verschwiegenheitsverpflichtungen
  • Ausgleichsklauseln / Generalquittung

 

Muss der Aufhebungsvertrag schriftlich abgeschlossen werden?

Ja, dies sieht der § 623 Bürgerliches Gesetzbuch so vor. Häufig kommt es vor, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber mündlich vereinbaren, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Eine solche Beendigung ist jedoch unwirksam. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen den schriftlichen Aufhebungsvertrag unterschreiben. Ein Aufhebungsvertrag per E-Mail oder WhatsApp oder ähnlichem ist auch nicht möglich. Eine solches Schriftformerfordernis betrifft jedoch lediglich die Klausel zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sollten andere Regelungen des Arbeitsverhältnisses geändert oder aufgehoben werden, so müssen diese nicht schriftlich erfolgen. Dies gilt auch für Abfindungszahlungen.

 

Muss der Betriebsrat vor Abschluss des Aufhebungsvertrags angehört werden?

Nein, der Betriebsrat ist lediglich vor Ausspruch einer Kündigung nach § 102 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz ordnungsgemäß anzuhören, nicht jedoch vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Einer Zustimmung des Betriebsrates bedarf es erst recht nicht. Selbst wenn mit einem Mitglied des Betriebsrates ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen wird, ist dies nicht erforderlich. Hier können sich jedoch Ausnahmen im öffentlichen Dienst ergeben, bspw. in Nordrhein-Westfalen. Gemäß § 74 Abs. 1 Landespersonalvertretungsgesetz Nordrhein-Westfalen muss hier auch der Personalrat vor Abschluss des Aufhebungsvertrages ordnungsgemäß angehört werden. Für andere Bundesländer, sowie auf Bundesebene existiert eine solche Norm nicht.

 

Ist die Schwerbehindertenvertretung vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit einem Schwerbehinderten anzuhören?

Nein, auch das ist nicht erforderlich. Zwar sieht der § 178 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX vor, dass die Schwerbehindertenvertretung vor einer Entscheidung über einen Schwerbehinderten anzuhören ist. Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist jedoch keine Entscheidung in diesem Sinne. Allerding ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung spätestens nach Abschluss der Aufhebungsvereinbarung unverzüglich darüber zu unterrichten (Bundesarbeitsgericht Beschluss 14.03.2012 – 7 ABR 67/10). Dies deshalb, weil es sich um eine Angelegenheit im Sinne des § 178 Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch IX handelt. Unterbleibt die Unterrichtung, so handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit des Arbeitgebers, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann.

 

Muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Folgen des Aufhebungsvertrages aufklären?

Grundsätzlich nein. Jede Partei trägt im Rahmen der Privatautonomie eine Eigenverantwortung darüber, welche Verträge mit welchem Inhalt sie unterschreibt. Arbeitnehmer sollten deshalb nicht sofort einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, auch wenn ihnen der Inhalt auf dem ersten Blick als sehr vorteilhaft erscheint. Dies gilt auch für den Fall, dass der Arbeitgeber ihnen schon eine ordentliche Abfindung anbietet.

Jedoch gibt es auch hier Ausnahmen: So können Arbeitgeber zur Aufklärung verpflichtet werden, wenn sie den Arbeitnehmer zur Verkürzung ihrer Kündigungsfrist veranlassen und dafür eine höhere Abfindung anbieten. Denn in diesem Falle führt dies zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 158 Sozialgesetzbuch III. Hier muss der Arbeitgeber den offensichtlich unkundigen Arbeitnehmer darüber informieren, welche Auswirkungen der Abschluss einer solchen Aufhebungsvereinbarung hat (Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 20. August 1992 – 2 Sa 16/92).

 

Was ist ein Abwicklungsvertrag?

Im Unterschied zum Aufhebungsvertrag geht der Abwicklungsvertrag immer mit einer Kündigung einher. Der Arbeitgeber erklärt die Kündigung und legt den Abwicklungsvertrag vor. Die Kündigung bleibt wie eine „ganz normale“ Kündigung so in der Welt. Nun können die Parteien im Abwicklungsvertrag vereinbaren, wie das Arbeitsverhältnis konkret beendet werden soll. Bspw. mit Zahlung einer Abfindung, mit verkürzter oder verlängerter Kündigungsfrist, ob der Arbeitnehmer den Arbeitslaptop nun dem Arbeitgeber abkaufen oder vielleicht ganz behalten kann etc.

Ganz häufig wird vereinbart, dass der Arbeitnehmer eine Abfindungszahlung erhält, dafür im Gegenzug auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichtet. Wird hier eine Abfindungszahlung nicht vereinbart, so handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung, der Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage wird unwirksam (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 25.09.2014 – 2 AZR 788/13). Doch auch hier gilt weiterhin die 3-Wochen Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Hat der Arbeitnehmer erst nach Ablauf der 3-Wochen-Frist erkannt, dass der Verzicht im Abwicklungsvertrag unwirksam ist und er doch noch Kündigungsschutzklage erheben kann, wird dies wohl nicht mehr möglich sein, weil die Frist dann schon abgelaufen ist.

 

Muss der Abwicklungsvertrag schriftlich abgeschlossen werden?

Nein. Im Gegensatz zum Aufhebungsvertrag, der schriftlich abgeschlossen werden muss, gilt dies nicht für den Abwicklungsvertrag. Grund hierfür ist, dass dem Abwicklungsvertrag bereits eine schriftliche Kündigung vorangegangen ist. Der anschließende Abwicklungsvertrag regelt lediglich die Einzelheiten darüber, wie das Arbeitsverhältnis nun genau beendet werden soll. Deshalb kann der Abwicklungsvertrag formfrei, also auch mündlich, abgeschlossen werden (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 23.11.2006 – 6 AZR 394/06).

Doch auch hier gibt es zwei Ausnahmen: Sollte der Abwicklungsvertrag eine sog. Sprinter-Klausel enthalten, muss dieser schriftlich abgeschlossen werden. Mit den Sprinter-Klauseln hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der Kündigungsfrist zu beenden und die Vergütung für den restlichen Zeitraum als (zusätzliche) Abfindung ausbezahlt zu bekommen.

Beispiel für Abwicklungsvertrag und Sprinter-Klausel

Der Arbeitnehmer erhält am 25.02. eine ordentliche Kündigung mit einer Kündigungsfrist zum 30.06. Er vereinbart mit dem Arbeitgeber daraufhin einen Abwicklungsvertrag. Der Arbeitnehmer wird bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von seiner Arbeit unwiderruflich freigestellt, die monatlichen Vergütungen jedoch weiterbezahlt. Auch wird eine sog. Sprinter-Klausel vereinbart. Sollte der Arbeitnehmer demnach vorher schon ausscheiden wollen, so bekommt er ab dem Zeitpunkt seines Ausscheidens die restlichen Vergütungen als Abfindung ausbezahlt. Der Arbeitnehmer findet während seiner Freistellung eine neue Stelle, die er zum 01.04. antreten kann. Er scheidet daraufhin auf eigenen Wunsch vorher aus.

Da in dem Abwicklungsvertrag nicht nur die Modalitäten der Beendigung, sondern auch mit der Sprinter-Klausel selbst der Beendigungszeitpunkt nach Wahl des Arbeitnehmers geregelt wird, ist hier eine Schriftform der Vereinbarung erforderlich (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 17.12.2015 – 6 AZR 709/14).

Die Schriftform ist auch dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar nach Erhalt der Kündigung einen Abwicklungsvertrag abschließt und auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet. Der Arbeitnehmer soll nämlich vor übereiltem Vorgehen geschützt werden. Ein solcher Schutz kann lediglich mit Einhaltung der Schriftform gewährleistet werden. (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 19.04.2007 – 2 AZR 208/06).

 

Was bedeutet Auflösungsvertrag?

Sowohl Aufhebungsvertrag als auch Abwicklungsvertrag stehen unter dem Oberbegriff der Auflösungsverträge. Hierzu kann alternativ auch der allgemeine Begriff der Beendigungsvereinbarung herangezogen werden.

 

Bin ich verpflichtet einen Aufhebungsvertrag zu akzeptieren?

Nein, dazu sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet. Wenn der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag vorlegt, dann ist das vertragsrechtlich als Angebot einzuordnen, § 145 Bürgerliches Gesetzbuch. Arbeitnehmer können, müssen aber nicht dieses Angebot annehmen.

Häufig kommt es vor, dass Arbeitgeber Arbeitnehmer unter Druck setzen und den Aufhebungsvertrag zur Unterschrift vorlegen. Der klassische Fall ist jener, in dem der Arbeitgeber von einem Vergehen erfährt, den Arbeitnehmer zum Gespräch zitiert und die Vorwürfe eröffnet. Dann wird mit Strafanzeige gedroht, wenn der vorgelegte Aufhebungsvertrag nicht unterschrieben wird. Selbst in diesem Moment sind Arbeitnehmer nicht dazu verpflichtet, den Aufhebungsvertrag zu unterschreiben, tun es aber häufig dennoch, weil sie intensiv unter Druck gesetzt wurden. Arbeitnehmer sollten hier versuchen Zeit zu gewinnen und in dieser Zwischenzeit einen Rechtsanwalt bzw. einen Fachanwalt für Arbeitsrecht mit der Prüfung beauftragen.

Die bloße Drohung, Strafanzeige zu erstatten, kann der Arbeitgeber dann auch tatsächlich umsetzen. Er kann aber auch nur „blöffen“, weil er eigentlich gar nicht vor hatte, Strafanzeige zu erstatten. Es kann ebenfalls vorkommen, dass die Staatsanwaltschaft auf anderen Wegen von dem Sachverhalt erfährt und ohne Strafanzeige des Arbeitgebers von sich aus ein Ermittlungsverfahren gegen den Arbeitnehmer anstrengt, beispielsweise, wenn mehrere Mitarbeiter in einen Vorfall verwickelt sind.

Beispiel Aufhebungsvertrag und Strafanzeige

Der Arbeitgeber erfährt davon, dass mehrere Mitarbeiter gemeinsam Gelder unterschlagen haben sollen, obwohl dies sich nachträglich als falsch herausstellt. Der Arbeitgeber glaubt jedoch daran, dass hier tatsächlich Straftaten begangen wurden. Er zitiert die beteiligten Arbeitnehmer einzeln zum Gespräch. In diesem Gespräch eröffnet er den Vorwurf der strafbaren Unterschlagung und droht mit Strafanzeige. Gleichzeitig legt er einen Aufhebungsvertrag vor und sagt, dass er von einer Strafanzeige absehen werde, wenn der (für den Arbeitnehmer sehr ungünstige) Aufhebungsvertrag unterschrieben werde. Dies steht sogar im Aufhebungsvertrag geschrieben, dass der Arbeitgeber von einer Strafanzeige absehen wird. Der eingeschüchterte Arbeitnehmer unterschreibt sofort. In dem darauffolgenden Gespräch mit seinem Kollegen unterschreibt dieser jedoch nicht. Daraufhin erstattet der Arbeitgeber Strafanzeige gegen den Kollegen. Die Staatsanwaltschaft erfährt in der Anzeige davon, dass auch der andere Mitarbeiter in die Sache verwickelt war und beginnt daraufhin auch gegen ihn zu ermitteln.

 

Was ist der Unterschied zwischen einem Aufhebungsvertrag und einem gerichtlichen Vergleich?

Hier gibt es viele Unterschiede: Der gerichtliche Vergleich ist in der Regel das Ergebnis einer Klage. Dem Aufhebungsvertrag geht jedoch nicht zwingend eine Klage voran. Deshalb hat der gerichtliche Vergleich auch eine Titelfunktion. Das heißt: Ich kann mit dem gerichtlichen Vergleich gegen den Arbeitgeber Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten.

Beispiel Aufhebungsvertrag und gerichtlicher Vergleich

Nachdem Kündigungsschutzklage erhoben wurde, schließen die Parteien vor Gericht einen Vergleich ab. In diesem Vergleich ist vereinbart, dass der Arbeitnehmer 5.000,00 EUR als Abfindung erhält. Der Arbeitgeber zahlt jedoch trotz mehrfacher Aufforderungen nicht. Der Arbeitnehmer lässt zwangsvollstrecken und das Konto des Arbeitgebers pfänden. Eine solche Zwangsvollstreckung mit einem einfachen Aufhebungsvertrag ist jedoch nicht möglich.